Zusätzlich zu einer korrekten Definition von Sünde benötigen wir ebenfalls ein korrektes Verständnis von der Natur der Sünde.
Die Bibel macht deutlich, dass ein Mensch durch Vererbung Sünder ist. Eine Frage bleibt jedoch offen: Wie wurde die Sünde von Adam auf seine Nachkommen übertragen? Wurde die „Sünde im Fleisch“ durch die Gene des Menschen weitergegeben oder verloren wir nach Adams Sündenfall etwas? Ist die Sünde im Fleisch etwas, das nur in unseren Genen existiert und sich auf die Degeneration des Körpers (Fleisch, Knochen, Blut etc.) beschränkt oder umfasst sie auch unseren Geist bzw. Verstand? Ist der Mensch verdorben, weil sein Körper schwach ist oder weil er in seiner Gesinnung von Natur aus böse ist?
Aus den nachfolgenden Punkten geht deutlich hervor, dass die Verdorbenheit durch die Sünde mehr als nur den Körper umfasst:
- Die Bibel sagt, dass durch Adams Sünde alle Menschen zu Sündern wurden (Römer 5,12.19). Sollte dieser Zustand lediglich die physische Degeneration des Menschen umfassen, wäre Jesus auch ein Sünder gewesen, weil er das menschliche Fleisch auf sich nahm, d.h. „aus dem Geschlecht Davids nach dem Fleisch“ war (Römer 1,3), er nahm den „Samen Abrahams“ auf sich (Hebr. 2,16 – unrev. Luth.) und war „in der Gestalt des sündigen Fleisches“ (Römer 8,3). Jesus war aber kein Sünder. Deshalb ist es auch nicht das Fleisch, das uns zu Sündern macht.
- Wenn wir durch den Glauben von neuem geboren werden, verlieren wir den Zustand eines Sünders. Wir sind nicht mehr unter der Verdammung und die Sünde verliert ihre Macht über uns (Römer 5,1; 6,14). Wir leben jedoch in demselben Körper weiter. Dieser verändert sich nicht. Die Veränderung, die aus dem Sünder einen Heiligen macht, ist demzufolge keine körperliche.
- Paulus sagt, dass wir uns ändern sollen in der Erneuerung unseres Sinnes (Römer 12,2). Hier wird deutlich, dass das wahre Problem nicht der Körper, sondern die Gesinnung ist.
Wenn wir verstehen, was geschah, als Adam und Eva sündigten, können wir auch die Natur der Sünde besser verstehen.
Was geschah mit Adam, als er Gott nicht gehorchte und von der verbotenen Frucht aß? Wie wurde aus einem vollkommenen Menschen ein verlorener Sünder? Gott hatte ihm gesagt, dass er an dem Tag, an dem er von der Frucht essen würde, sterben müsste. Was meinte Gott damit? Wurde das Urteil an jenem Tag vollzogen? Wir neigen dazu anzunehmen, Gott hätte entweder seine Meinung geändert oder die Vorkehrung Christi sein Urteil aufgehoben. In Wirklichkeit jedoch wurde Gottes Urteil noch an demselben Tag vollzogen. Beachten wir zwei Dinge, die geschahen.
Adam wurde sich sofort seiner Nacktheit bewusst und begann sich vor Gott zu fürchten. Seine Beziehung zu Gott änderte sich schlagartig. Dann begann sein Körper umgehend, sich zu degenerieren, seine Lebenskraft abzunehmen und schließlich nach neunhundertdreißig Jahren zu erlöschen.
Die wichtigste Veränderung aber war sein Geisteswandel. Die Bibel beschreibt den Menschen in seinem natürlichen Zustand als tot.
„Auch ihr wart tot durch eure Übertretungen und Sünden“ (Epheser 2,1).
„auch uns, die wir tot waren in den Sünden, mit Christus lebendig gemacht – aus Gnade seid ihr selig geworden“ (Epheser 2,5)
„Und er hat euch mit ihm lebendig gemacht, die ihr tot wart in den Sünden und in der Unbeschnittenheit eures Fleisches, und hat uns vergeben alle Sünden.“ (Kolosser 2,13)
Wenn der Mensch dem Leben aus Gott entfremdet, unter die Sünde verkauft, Sklave der bösen Natur, Begierden und Gelüsten ist, dann ist er geistlich tot. Die Frage lautet nun, wann und wie geriet der Mensch in diesen Zustand? Wie wir bereits feststellten, ist dieser Zustand unsere Erbschaft von Adam. Als er sündigte, starb er einen geistlichen Tod. Das ist ein Teil des natürlichen Vermächtnisses, das er seinen Nachkommen hinterließ. Aber was ist dieser geistliche Tod? Können wir ihn etwas genauer beschreiben?
Gott allein ist gut
Gott allein ist gut. Das ist eine unbestreitbare Wahrheit, die Jesus selbst lehrte. Haben wir die Bedeutung dieser Wahrheit einmal erkannt, gibt es in diesem Punkt auch keine Schwierigkeiten mehr. Es liegt nahe, dass, wenn Gott allein gut ist, alles außerhalb von ihm böse und sündig ist. Der einzige Weg, auf dem irgendein Geschöpf im Universum gut sein kann, ist, wenn es mit Gott vereint ist bzw. sein Leben in sich hat. Wäre das nicht so, dann wäre jedes gute Wesen Gott. Weil es jedoch nur einen Gott gibt und er allein gut ist, wissen wir, wann immer ein Wesen gut ist, Gott in ihm lebt und nicht, dass dieses Wesen aus sich selbst heraus gut ist.
Die Bibel berichtet uns über das Schöpfungswerk: „Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“ (1.Mose 1,31). Das schloss auch Adam mit ein. In diesem sündlosen, „guten“ Menschen lebte der Geist Gottes. Das war erkenntlich an seiner vollkommenen Liebe, Freude und seinem vollkommenen Frieden (Galater 5,22.23). Als er Gott ungehorsam wurde, fand eine sofortige Veränderung in ihm statt. Sein Friede war gewichen, seine Liebe zerstört und er begann sofort seine Frau anzuklagen. Seine Freude hatte ihn verlassen, er hatte Angst und war unglücklich. Das alles geschah, weil ihn der Geist Gottes verlassen hatte. Adam starb an diesem Tag in der Tat augenblicklich einen geistlichen Tod. Während der körperliche Tod langsam über ihn kam, geschah sein geistlicher Tod sofort.
Adams nun sündiger Zustand war nicht das Ergebnis seines degenerierenden, sterbenden Körpers, sondern vielmehr seines geistlichen Todes – getrennt vom Leben Gottes.
Wir sollten beachten, dass Paulus den sündigen Menschen manchmal mit „sündiges Fleisch“, „der Leib der Sünde“ oder ähnlichen Worten beschreibt. Der Zusammenhang seiner Aussagen zeigt jedoch deutlich, dass er nicht von dem buchstäblichen Fleisch bzw. Körper spricht, sondern von der fleischlichen Gesinnung (Römer 8,7) als der wahren Quelle unserer Sündhaftigkeit.
Natürlich glauben wir, dass Adam nach seinem Sündenfall sofort bereute und durch Christus mit Gott wieder versöhnt wurde. Aber die Nachteile, die er durch seine Sünde über sich selbst und seine Nachkommen gebracht hatte, machten es nun schwer diese Beziehung zu Gott, in welcher Gerechtigkeit ein Lebensstil ist, aufrecht zu erhalten. Was vorher zu seiner natürlichen Wesensart gehörte, konnte jetzt nur noch durch den Glauben, der wiederum einen stetigen und harten Kampf gegen die Ablenkungen, Täuschungen und Entstellungen des Teufels erforderte, aufrechterhalten werden.
Dies ist das Erbe, welches Adam seinen Nachkommen vermacht hat und das ist auch die wahre Quelle der Sünde. Es ist eine Tatsache, dass wir, da ohne den Geist Gottes, in einem geistlich toten Zustand geboren werden. In diesem Zustand haben wir keine andere Wahl, als fortwährend sündigen zu müssen. Nur durch eine vollkommene Neugeburt können wir von diesem Zustand befreit werden.
Der natürliche Instinkt eines völlig verlassenen Menschen, ist der Instinkt der Selbstverteidigung. Als Adam ein Kind Gottes war, befand er sich in vollkommener Sicherheit. Er hatte Nahrung in Fülle, war frei von jeglicher Angst und Sorge und es gab keinen Grund für ihn, an sich selbst zu denken. Auch als ihm Eva zur Seite gestellt wurde, blieb seine Kraft und Aufmerksamkeit nach außen gerichtet. Er lebte ausschließlich für Gott und seinen Nächsten (Eva). Als er jedoch gegen Gott rebellierte, verschwand all seine Sicherheit. Er verlor seine Bedeckung, sein Heim und vor allem Gottes Gegenwart und Gunst. Er besaß keine „Lebensversicherung“ mehr und hatte plötzlich er schreckliche Angst um sich selbst. Ohne den Geist Gottes war alles, was ihm geblieben war, nur noch Angst und Sorge um sich selbst. Plötzlich richtete sich seine ganze Kraft, sein Augenmerk auf das eigene Überleben und Wohlergehen. Er wurde selbstsüchtig und sogar bereit, allein seiner Frau die Schuld zu geben, obwohl er kurz zuvor noch bereit gewesen war, mit ihr in den Tod zu gehen.
Niemals wird es eine Zeit geben, in der die Abwesenheit des Geistes Gottes keine Selbstsucht auslöst. Wenn Gottes Geist fehlt, gibt es keine andere Wahl als Selbstsucht – das Bedürfnis, sich selbst zu schützen, zu rechtfertigen, zu verherrlichen, zu verteidigen und zu versorgen. Das waren die Sorgen von Luzifer und Adam und Eva nach ihrem Fall. Wenn wir das begreifen, wird uns klar, dass Selbstsucht die Wurzel bzw. Quelle der Sünde ist. Diese Eigenschaft, die dem Menschen in seinem getrennten Zustand von Gott angeboren (von Adam übertragen/vererbt) ist, macht ihn zum Sünder.
Manche denken, wenn Satan vernichtet worden wäre, hätten wir aufgehört zu sündigen. Das ist falsch, falsch und nochmals falsch! Der weitaus größere Prozentsatz der Sünden des Menschen kann nicht unmittelbar Satan, sondern seiner eigenen sündigen Natur zugeschrieben werden. Satan mag uns zwar versuchen und belästigen, doch obwohl er das erste Wesen war, das für den Eintritt der Sünde ins Universum die Tür auftat, ist er nicht der Einzige, der diese Tür fand. ■
David Clayton
Erschien in: Open Face, November 2005
Übernommen von: Heart4Truth, April 2006